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August, Julie und Frieda Bebel

Lieber General!

30. April 2024

engelszungen 05/24

Berlin W., den 21. März 1894

Ich schulde Dir noch einen herzlichen Dank für Deine neulichen Glückwünsche zur Grossvaterschaft und zu meinem Geburtstag. Dass der kleine Bursche sich gerade meinen Geburtstag aussuchte, um ins Leben zu treten, hat mich ganz speziell gefreut. Ich werde nächste Woche von Wien aus nach Zürich reisen, um ihn mir mal anzusehen, und werde Julie – die der Herr Schwiegersohn am liebsten ganz dort behielt – mit nach Hause nehmen.

Nach Wien reise ich Samstag, wie Du schon gelesen haben wirst, mit Singer und Gerisch. Ich bin sehr gespannt, einmal die Elite der österreichischen Partei beieinander zu sehen und einen Vergleich zwischen ihrem Parteitag und dem unseren ziehen zu können. Täuscht nicht alles, so wird es zu lebhaften Kämpfen kommen, wenn ich auch keinen Augenblick bezweifle, dass alles nach Wunsch verlaufen wird. Die Kölnische Zeitung lässt uns nach Wien gehen, um dort zu bremsen. Das wird nun weder unsere Aufgabe noch notwendig sein; ich werde mich auch jedes Eingreifens enthalten und werde das auch S. und G. raten, damit jeder Schein der Beeinflussung vermieden wird.

[…]

Bei uns ist diesmal der 18. März – Sonntag und schönes Wetter – sehr gut verlaufen. Ich hätte bald Veranlassung gegeben, dass die Polizei einschreiten konnte. Ihr werdet die bezügliche Notiz im Vorwärts gelesen haben. Die Sache ging schon lebhafter zu, wie dort geschildert wurde. Ich wollte zu den Gräbern, nahm aber davon Abstand und ging auf dem kürzesten Wege aus dem Park, als ich merkte, dass ich der Gegenstand lebhafter Demonstrationen wurde. Die zusammenströmenden Massen brachen über die Wege in den Park, und das ist allein schon in den Augen unserer Hermandad ein Verbrechen. Kam ich nach den Gräbern, dann war der Teufel erst recht los; denn dort waren den ganzen Tag ununterbrochen Massen versammelt.

Der Vorgang hat wieder einmal gezeigt, dass wir bei solchen Gelegenheiten schlechter daran sind als die Österreicher, die sogar reden und singen durften. Ich war ganz erstaunt zu sehen, woher auf einmal die Polizeimannschaften strömten.

[…]

Mit herzlichem Gruss

Dein August

Zum Gedenken an die Barrikadenkämpfe vom 18. März 1848 in Berlin und ihre Opfer versammelten sich alljährlich Tausende von Menschen, vornehmlich Arbeiterinnen und Arbeiter, an den Gräbern der Märzgefallenen in Berlin-Friedrichshain. So auch August Bebel. Übrigens: Die Grabanlage ist noch heute ein Erinnerungsort und kann besichtigt werden.

Quellenangabe: August Bebels Briefwechsel mit Friedrich Engels, hg. von Werner Blumenberg, London, The Hague, Paris 1965, S. 755-757; die Abbildung zeigt August, Julie und Frieda Bebel. 

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